Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) – Aktuelles zum Stand der Umsetzung in Bayern

Noch ein knappes halbes Jahr, dann tritt die dritte Reformstufe des BTHG zum 1. Januar 2020 in Kraft – mit der Einführung der Eingliederungshilfe als eigenes Leistungs- und Vertragsrecht in das SGB IX und der daraus folgenden Trennung der neuen Fachleistung von den existenzsichernden Leistungen der Sozialhilfe. Die Rahmenvertragsverhandlungen in den Ländern laufen auf Hochtouren, obwohl selbst auf Bundesebene noch viele Einzelfragen der Systemumstellung ungeklärt sind.

In Bayern wurde die rechtliche Umsetzung der im BTHG vorgesehenen gesetzgeberischen Möglichkeiten mit dem Bayerischen Teilhabegesetz, 1. Teil (BayTHG) zum 1. Januar 2018 bereits weitestgehend abgeschlossen. Dazu gehört unter anderem die Festlegung der Eingliederungshilfeträger, die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung eines Bedarfsermittlungsinstrumentes für Bayern (sog. AG 99) und der Schiedsstelle SGB IX sowie die Bestimmung der maßgeblichen Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Ein 2. Teil des BayTHG befindet sich im Anhörungsverfahren und wird vor allem die neue Arbeitsgemeinschaft zur Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe (§ 94 SGB IX) begründen.

Die Arbeitsgruppe AG 99 hat sich gemäß ihrem gesetzlichen Auftrage, das zukünftige Bedarfsermittlungsinstrument zu bestimmen und weiterzuentwickeln sowie die Anwendung zu begleiten, bereits im März 2018 an die Arbeit gemacht. In Anlehnung an Entwicklungen im Nachbarland Baden-Württemberg wurde ein eigenständiges ICF-basiertes Bedarfsinstrument (BI-BAY) erarbeitet, das für alle Personenkreise und Lebensalter gleichermaßen Anwendung finden soll. Derzeit wird die Einführung im Rahmen einer Pilotphase vorbereitet.

Bei einer Auftaktveranstaltung im Sozialministerium wurde bereits im Juli 2018 eine Arbeitsgruppe beauftragt, den bestehenden Rahmenvertrag zur Interdisziplinären Frühförderung an die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Die Orientierung an der ICF CY im gesamten Frühförderprozess, verstärkte Personenzentrierung sowie die neuen Leistungsbestandteile der Frühförderverordnung sind zentrale Neuerungen, die es gilt, im Rahmenvertrag abzubilden.

Zwischen den Vertragspartnern nach § 131 SGB IX wurde im Februar 2019 eine Übergangsvereinbarung für alle vollstationären Eingliederungshilfe-Leistungserbringer abgeschlossen. Mit dieser Übergangslösung wird die rechtliche Vorgabe zur Leistungstrennung zum 01.01.2020 umgesetzt. Alle am Gesamtprozess Beteiligten erhalten damit die Möglichkeit, in einem stabilen Umfeld neue, stärker personenzentrierte Fachleistungen und landesweite Finanzierungssystematiken für die unterschiedlichen Angebotsbereiche zu entwickeln, modellhaft einzuführen, zu prüfen und in einem Rahmenvertrag mit entsprechenden Rahmenleistungsvereinbarungen zu vereinbaren. Die Übergangsphase endet spätestens zum 31.12.2022.

In der Praxis erhalten die Leistungserbringer nun bis Ende 2019 neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen, und die Leistungsberechtigten in den sogenannten besonderen Wohnformen neue bzw. angepasste Wohn- und Betreuungsverträge – eine notwendige Vorbereitung für eine möglichst reibungsarme und konfliktfreie Umstellung zum anstehenden Stichtag.

Parallel dazu finden die Gespräche zur Weiterentwicklung und Neuausrichtung der Fachleistung der Eingliederungshilfe statt.