Weltflüchtlingstag - Wohlfahrtsverbände fordern menschenwürdigen Umgang mit Asylsuchenden.

Nürnberg - Anlässlich des morgigen Weltflüchtlingstags haben die bayerischen Wohlfahrtsverbände einen menschenwürdigen Umgang mit Asylsuchenden in Deutschland gefordert. „Die Menschenwürde muss immer im Vordergrund stehen – auch bei der Anwendung rechtsstaatlicher Prinzipien“, sagte der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege, Diakoniepräsident Michael Bammessel, heute in Nürnberg. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Betroffenen - etwa aufgrund ihrer Fluchtgeschichte – zudem psychisch belastet seien.

Zu einer angemessenen Unterbringung zählt den Wohlfahrtverbänden zufolge angemessene Räumlichkeiten insbesondere für Kinder und Frauen sowie die Möglichkeit des geregelten Schulbesuchs und der Kinderbetreuung. „Dies fordert nicht zuletzt die UN-Kinderrechtskonvention, die auch von Deutschland unterzeichnet wurde.“ Knapp die Hälfte aller Geflüchteten, die in Deutschland Schutz suchen, ist den Verbänden zufolge minderjährig. „Sie benötigen besonderen Schutz, und dem muss eine Asylpolitik, die humanitären Mindeststandards verpflichtet sein will, Rechnung tragen.“ Eine besondere Aufmerksamkeit müsse den Jugendlichen und jungen Männern unter den Geflüchteten gelten. „Sie empfinden das Leben in Massenunterkünften als besonders belastend.“ Nicht zuletzt darum müsse der Zugang von Ehrenamtlichen ebenso einfach möglich sein wie die Nutzung von Beratungsangeboten durch die Betroffenen. Die Diskussion um die geplanten Ankerzentren aber  lasse befürchten, dass dies nicht der Fall sein werde.

Zwar begrüßen die Verbände das Ziel, Asylverfahren möglichst zügig und an einem Ort durchzuführen. Dann müsse aber auch sichergestellt sein, dass die Verweildauer in den Unterkünften nicht länger dauere als unbedingt notwendig. Die angekündigte Aufenthaltsdauer von bis zu 24 Monaten in den geplanten Ankerzentren sei auf jeden Fall zu lang. „Sie muss insbesondere für Familien mit Kindern, aber auch andere, besonders vulnerable Gruppen auf maximal drei Monate beschränkt werden.“

„Wenn eine große Zahl von Menschen auf engstem Raum kaserniert wird, und dies ohne klare Tagesstruktur und sinnvolle Beschäftigung sowie mit unsicherer Perspektive geschieht, muss das zwangsläufig zu Konflikten führen“, ergänzt der der stellvertretende Vorsitzende der Freien Wohlfahrt, Prof. Dr. Thomas Beyer (AWO). Er forderte darum auch eine Abkehr vom geplanten ausschließlichen Sachleistungsprinzip. „Wir sollten die Betroffenen nicht entmündigen. Seinem Kind im Sommer ein Eis kaufen zu können – auch das ist kann ein Ausdruck der Menschenwürde sein.“

Angesichts des Asylstreits in der großen Koalition forderten die bayerischen Wohlfahrtsverbände von den Beteiligten außerdem eine Versachlichung der Debatte. „Begriffe wie ‚Asyltourismus‘ und ‚Asylgehalt‘ sind nicht nur sachlich falsch,“ so Bammessel, „sie fachen zudem eine ohnehin emotionalisierte Debatte zusätzlich an. – niemand begibt sich freiwillig auf die Flucht, und die Überquerung des Mittelmeers in einem Schlauchboot ist auch keine Kreuzfahrt.“

Die in der Freien Wohlfahrtspflege Bayern zusammengeschlossenen Verbände sind die Arbeiterwohlfahrt, das Bayerische Rote Kreuz, die Caritas, das Diakonische Werk Bayern, der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden und der Paritätische Wohlfahrtsverband. In Bayern unterhalten die Wohlfahrtsverbände und ihre angeschlossenen Organisationen rund 14.500 Facheinrichtungen und Projekte im gesamten sozialen Bereich. Sie beschäftigen etwa 190.000 hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zusätzlich engagieren sich im Raum der Freien Wohlfahrtspflege Bayern etwa 250.000 Menschen ehrenamtlich – zum Beispiel in Verbandseinrichtungen oder Kirchengemeinden.